27.02.2010

Vierter Weltkongress gegen die Todesstrafe in Genf

 

(gu) In Genf ging am Freitag der 4. Weltkongress gegen die Todesstrafe zu Ende. Rund 1500 Teilnehmer aus ca. 100 Ländern reflektierten drei Tage lang die weltweite Situation der Todesstrafe und Möglichkeiten der Abschaffung. Zahlreiche Regierungsvertreter und Delegierte unterschiedlichster Nationen waren ebenso anwesend wie Juristen, Kleriker, Anti-Todesstrafe-Aktivisten, ehemalige Todestraktinsassen, Opferangehörige usw. Ausgerichtet wurde der Kongress wie in den Jahren zuvor von der französischen Gruppe Ensemble Contre la Peine de Mort, in Zusammenarbeit mit der World Coalition Against the Death Penalty. Letztere ist eine Dachorganisation, die über 100 Anti-Todesstrafe-Gruppen weltweit vernetzt und bei dem ersten Weltkongress vor neun Jahren ins Leben gerufen wurde.

 

Ein weltweites Moratorium bis zum Jahr 2015 setzte der spanische Regierungschef und derzeitige EU-Ratspräsident Zapatero in seiner Rede in der Eröffnungsveranstaltung im Menschenrechtssaal der Vereinten Nationen in Genf zum Ziel. Immerhin konnte der Kongress die positive Entwicklung verzeichnen, dass immer mehr Länder die Todesstrafe per Gesetz oder mindestens in der Praxis abschaffen: Jedes Jahr kommen im Durchschnitt vier Länder hinzu. Bleibt dieser Trend so, sollte die Todesstrafe im Jahr 2025 Geschichte sein. Aktuell wenden noch 58 Staaten die Todesstrafe an, wobei über 90 Prozent aller Exekutionen in nur etwa einem halben Dutzend Staaten durchgeführt werden. Auf China, Iran, USA und Japan lag während des Kongresses daher ein besonderer Fokus.

 

Die Schlussveranstaltung wurde geprägt durch Beiträge von der Friedensnobelpreisträgerin 2003 Shirin Ebadi, der Ordensschwester Helen Prejean ("Dead Man Walking") und des ehemaligen französischen Justizministers Robert Badinter. Drei Vertreter der Kids Against the Death Penalty übergaben der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte eine Erklärung des 4. Weltkongresses, welche die positive Entwicklung seit der letzten Konferenz vor drei Jahren ebenso hervorhebt wie die Aufgaben, die noch zu bewältigen sind. Die Erklärung bekräftigt, dass die Todesstrafe unter keinen Umständen eine Antwort auf Gewalt und Spannungen innerhalb der Gesellschaft ist. Die Staaten, die die Todesstrafe bislang lediglich nicht mehr anwenden, werden aufgefordert, sie auch per Gesetz abzuschaffen. Die Staaten ohne Todesstrafe und alle nationalen und internationalen Organisationen sollen sich weltweit weiterhin für die Erreichung des gemeinsamen Zieles engagieren.

 

Impressionen vom 4. Weltkongress gegen die Todesstrafe in Genf

 

Weitere (deutschsprachige) Informationen:

Für das Recht auf Leben

Der lange Kampf gegen die Todesstrafe 

Staaten mit Todesstrafe am Pranger

Todesstrafe geht weltweit zurück

Keine Hinrichtungen mehr bis 2015

China und Iran töten auch Oppositionelle

Trotz Rückschlägen: "Das Ende der Todesstrafe rückt näher"

 

4. Weltkongress in den Medien:

SF-Tagesschau vom 24. Februar 2010, 19.30 Uhr

Euro-News vom 24. Februar 2010 (englisch)

ARD-Tagesschau vom 26. Februar 2010, 20 Uhr 

(ARD: Drittletzter Link in der Liste rechts führt direkt zum Beitrag!)

Diverse Interviews und Beiträge, veröffentlicht vom Organisator ECPM

Ausschnitte aus der Eröffnungsveranstaltung

24.02.2010

Süd-Korea hält an der Todesstrafe fest

 

Süd-Korea ist eines der Länder, in denen die Todesstrafe als in der Praxis abgeschafft gilt, weil seit mindestens zehn Jahren kein Todesurteil mehr vollstreckt wurde. Obgleich Süd-Korea seit 1997 niemanden mehr hingerichtet hat, werden jedoch noch immer Todesurteile ausgesprochen. Ein wegen vierfachen Mordes im Jahr 2007 zum Tod verurteilter Fischer hat die Frage der Todesstrafe vor das Verfassungsgericht gebracht und argumentiert, die Todesstrafe verstoße gegen die Menschenwürde. Nun hat das höchste Gericht Süd-Koreas in seiner Entscheidung mit fünf zu vier Stimmen die Klage des Fischers zurückgewiesen. Sechs Verfassungsrichter hätten der Klage zustimmen müssen, um das Todesurteil außer Kraft zu setzen.

 

Weitere Informationen:

Most S.Koreans back death penalty: survey

24.02.2010

Texas: Neues Strafzumessungsverfahren für Charles Hood

 

Einen Tag vor seiner für den 10. September 2008 geplanten Hinrichtung hatte Charles Hood seinerzeit einen Aufschub erhalten, weil Richterin und Staatsanwalt seines ursprünglichen Prozesses ein intimes Verhältnis hatten und Hood daher ein neuer Prozess zugestanden werden sollte. Nachdem das texanische Berufungsgericht im letzten September einen neuen Prozess abgelehnt hatte, wird Hood nun zumindest eine neue Strafzumessung zugestanden, sodass sein Todesurteil damit ausgesetzt ist. Die Affäre zwischen der Richterin und dem Staatsanwalt wird allerdings nicht als Begründung der Entscheidung genannt. Vielmehr wurde festgestellt, die Geschworenen seien nicht in ausreichendem Maße über mögliche mildernde Umstände im Fall Hoods informiert worden.

22.02.2010

Saudi-Arabien: Mann wegen Mordes enthauptet

 

Ein saudischer Staatsbürger ist nach Angaben der offiziellen staatlichen Nachrichtenagentur am Montag in der Provinz Dammam enthauptet worden. Fayhan al-Sabi war zum Tod verurteilt worden, weil einen Landsmann erschossen habe. Es war die siebente Hinrichtung in Saudi-Arabien in diesem Jahr. 67 Hinrichtungen wurden im vergangenen Jahr gezählt, 102 im Jahr 2008 und 153 im Jahr davor. In Saudi-Arabien können Mord, bewaffneter Raub, Vergewaltigung, Drogendelikte und Abfall vom islamischen Glauben mit dem Tod bestraft werden.

22.02.2010

Weißrussland sucht seinen eigenen Weg hinsichtlich der Todesstrafe

 

Eine ad hoc eingerichtete parlamentarische Arbeitsgruppe soll sich mit der Frage der Todesstrafe auseinandersetzen, erklärte Nikolai Samoseiko, der Vorsitzende der Gruppe und Vorsitzender der Kommission für Gesetzgebung und gerichtliche Angelegenheiten der Nationalversammlung Weißrusslands. Die Arbeitsgruppe habe die Aufgabe, Weißrusslands Position zur Todesstrafe zu suchen, angesichts der besonderen geographisch-politischen Situation des Landes. Weißrussland, heute Belarus genannt, ist einerseits der einzige europäische Staat, der an der Todesstrafe festhält. Andererseits grenze Weißrussland an China, das weltweit für die meisten Exekutionen verantwortlich ist, und an Russland, das die Todesstrafe zwar in der Praxis abgeschafft habe, wo jedoch die Bevölkerung dazu gespalten sei, so Samoseiko. Immerhin seien die Todesurteile rückläufig: Waren es 1998 noch knapp 50, so wurden 2008 und 2009 nur jeweils zwei Menschen zum Tod verurteilt.

 

Weitere (deutschsprachige) Informationen:

Belarus verschleppt Todesstrafen-Moratorium

21.02.2010

Drei Hinrichtungen im Iran

 

Ein Mann namens Haj Dadollah Moradzehi soll in der iranischen Stadt Zahedan wegen Drogenschmuggels gehängt worden sein. Man habe versucht, den im Juli 2009 Verhafteten unter Folter zu einem Geständnis zu zwingen. Moradzehi hat in den acht Monaten seiner Haft jedoch kein Geständnis abgelegt. Zwei weitere Männer namens Abdollah A. (43) und Mehdi S. (36) sollen ebenfalls wegen Drogenschmuggels in Isfahan gehängt worden sein.

 

Weitere Informationen:

IRAN: THREE PEOPLE HANGED FOR DRUG TRAFFICKING

20.02.2010

Uganda: Homosexuelle müssen die Todesstrafe befürchten

 

Seit Wochen reißen die Diskussionen nicht ab: Ein Gesetzentwurf in Uganda sieht für Homosexuelle unter bestimmten Umständen die Todesstrafe vor. Illegal war Homosexualität in dem afrikanischen Land schon immer. Jetzt soll dem Entwurf eines "wiedergeborenen" christlichen Parlamentariers zufolge Homosexualität mit dem Tod bestraft werden, wenn er mit Minderjährigen erfolgt oder der "Täter" HIV-positiv ist. Einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Sex unter Erwachsenen soll eine lebenslange Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Die internationale Empörung und Kritik ist groß und Präsident Museveni scheint darüber mehr und mehr in Verlegenheit zu sein. So wird allgemein vermutet, dass das Gesetz nicht wird durchgesetzt werden können. Den Hass gegen Homosexuelle in Uganda hat die Debatte aber zweifellos geschürt.

 

Weitere (deutschsprachige) Informationen:

"Mein Vater würde mich erschlagen"

 

Online-Petition:

UGANDA: RECHTE UND NICHT UNTERDRÜCKUNG

19.02.2010

Kansas: Gesetzentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe vom Senat abgelehnt

 

Nach einer zum Teil recht emotionalen Diskussion hat der Senat in Kansas einen Gesetzentwurf zurückgewiesen, der in dem US-Bundesstaat die Todesstrafe hätte abschaffen sollen. Die Abstimmung fiel denkbar knapp aus: Jeweils zwanzig Senatoren stimmten für und gegen den Gesetzesvorschlag. Mit einem Votum von einundzwanzig Stimmen wäre der Entwurf im Senat erfolgreich gewesen. Damit ist die Frage der Abschaffung der Todesstrafe in Kansas wahrscheinlich für ein weiteres Jahr vom Tisch.

Martin Grossman
Martin Grossman

16.02.2010

Florida: Martin Grossman hingerichtet

 

Am Dienstagabend wurde im US-Bundesstaat Florida der 45-jährige Martin Grossman mit einer tödlichen Injektion hingerichtet. Im Jahr 1984 hatte Grossman eine 26-jährige Wildhüterin getötet, weil sie den damals 19-Jährigen und seinen zwei Jahre jüngeren Komplizen mit einer gestohlenen Waffe erwischt hatte. Grossman war zu der Zeit bereits wegen Diebstahls verurteilt und sah seine Bewährung gefährdet. Zahlreiche jüdische Gruppen und Rabbiner setzten sich für Grossman ein, sammelten 25.000 Unterschriften. Tausende E-Mails und Anrufe gingen bei dem Gouverneur Floridas ein. Auch der Vatikan bat um Gnade für Grossman, der seine Tat bereue und ein anderer Mensch geworden sei. In seinen letzten Worten bekräftigte Grossman seine Reue und Verantwortung für die Tat. 

15.02.2010

Ältester Todestraktinsasse der USA stirbt natürlichen Todes

 

Im US-Bundesstaat Arizona ist am Wochenende der 94-jährige Viva Leroy Nash eines natürlichen Todes gestorben. Nash hat die meiste Zeit seines Lebens im Gefängnis verbracht. Geboren 1915, erhielt er die erste Haftstrafe wegen bewaffneten Raubes in den 30er Jahren. 1947 schoss er auf einen Polizisten und bekam dafür 25 Jahre. 1977 wurde Nash wegen Raubmordes zu zweimal lebenslanger Haftstrafe verurteilt. 1982 gelang es ihm, von einem Arbeitseinsatz außerhalb des Gefängnisses zu fliehen. Er verübte einen weiteren Raubmord und wurde dafür zum Tod verurteilt. 26 Jahre saß Nash im Todestrakt von Arizona und wartete auf seine Hinrichtung. Nach Aussage seines Anwalts war Nash mittlerweile taub, fast blind, verkrüppelt, psychisch krank und dement.

12.02.2010

Vereinigte Arabische Emirate: Fünf Todesurteile wegen Drogenschmuggels

 

In dem Emirat Ra’s al-Chaima sind am Mittwoch fünf Todesurteile ausgesprochen worden. Die fünf wegen Drogenschmuggels zum Tode Verurteilten seien eine deutliche Warnung an weitere in illegalen Handel verstrickte Täter. Vier der Männer sind Pakistaner, die von Pakistan ins Land geschmuggeltes Heroin zu verkaufen suchten. Der fünfte Verurteilte war mit zwei Kilogramm Opium und einem Kilogramm Haschisch erwischt worden. Es sind die ersten Todesurteile in dem Emirat und erstmals wurde eine so hohe Zahl an Todesurteilen gleichzeitig ausgesprochen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Todesurteile sollen durch Erschießungskommandos vollstreckt werden.

10.02.2010

Nebraska: Gouverneur erlaubt neue Hinrichtungsmethode

 

Nachdem Nebraska als letzter US-Bundesstaat die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl für verfassungswidrig erklärt hatte, unterzeichnete Gouverneur Dave Heineman jetzt das neue Regelwerk zur Vollstreckung von Todesurteilen, das die Hinrichtung mittels einer drei Chemikalien umfassenden tödlichen Injektion vorsieht. Diese in den meisten US-Bundesstaaten favorisierte Methode beinhaltet ein Narkotikum, ein Muskelrelaxans und ein Mittel, das den Herzschlag stoppt. Nach Verabreichen des Narkotikums ist eine Bewusstseinskontrolle vorgesehen, um sicherzustellen, dass der Delinquent ohne Bewusstsein ist.

10.02.2010

Einschränkung der Todesstrafe in China

 

Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua hat das Oberste Volksgericht Chinas Leitlinien für alle chinesischen Gerichte herausgegeben, die eine Einschränkung der Todesstrafe vorsehen. So sollen Todesurteile nur noch in äußerst schwerwiegenden Fällen und bei Vorlage gültiger und weitreichender Beweise gefällt werden. Der bevölkerungsreichste Staat der Welt ist für mindestens 1700 der weltweit rund 2400 Hinrichtungen aus dem Jahr 2008 verantwortlich, die die Menschenrechtsorganisation Amnesty International gezählt hat. Die Dunkelziffer kann deutlich höher sein. Bislang können in China fast 70 Straftaten Todesurteile nach sich ziehen, darunter auch eine Reihe gewaltloser Verbrechen wie Bestechung oder Betrug.

 

Weitere (deutschsprachige) Informationen:

Todesstrafe für "Direktor des Weißen Hauses"

07.02.2010

Japan: Über 85 Prozent für die Todesstrafe

 

85,6 Prozent der japanischen Bevölkerung sind für die Todesstrafe - das ist das Ergebnis der jüngsten von der Regierung in Auftrag gegebenen Umfrage. Das ist die höchste Zustimmung seit 1994, als die alle fünf Jahre durchgeführten Befragungen starteten. Damals lag die Befürwortung der Todesstrafe bei 73,8 Prozent. Für die aktuelle Umfrage wurden letzten November und Dezember 3000 erwachsene Bürger landesweit nach ihrer Meinung befragt; ca. 65 Prozent der Rückmeldungen waren gültig. Jeweils über die Hälfte der Befragten begründete ihre Ansicht mit Unzufriedenheit der Opferfamilien oder steigenden Verbrechensraten, wenn die Todesstrafe abgeschafft würde. Nur 5,7 Prozent sind gegen die Todesstrafe.

04.02.2010

China: 25 Todesurteile wegen Entführung

 

Im Süden Chinas wurden in neun unterschiedlichen Prozessen insgesamt 25 Angeklagte zum Tod verurteilt wegen diverser Fälle von Kidnapping. Weitere Beschuldigte erhielten Gefängnisstrafen und den Familien der Opfer wurden Entschädigungen zugesprochen. Obwohl China weltweit mit Abstand die meisten Todesurteile ausspricht und vollstreckt, ist eine so hohe Zahl gleichzeitig verhängter Todesurteile ungewöhnlich.

Mark Brown
Mark Brown

04.02.2010

Ohio: Mark Brown hingerichtet

 

Im US-Bundesstaat Ohio wurde am Donnerstagvormittag der 37-jährige Mark Brown mit einer tödlichen Injektion hingerichtet. Es war die dritte Exekution in Ohio, die mit nur einer einzigen Chemikalie durchgeführt wurde. Brown war zum Tod verurteilt worden für die 1994 verübte Ermordung eines Ladensbesitzers und dessen Angestellten. Zusammen mit einem Freund hatte er mit Valium vermischten Wein getrunken und Marihuana geraucht. Nachdem sie einen Film angeschaut hatten, in dem zwei asiatische Angestellte eines Lebensmittelladens erschossen werden, soll Brown die Szene habe real erleben wollen. Browns Pflichtverteidiger erklärten, ihr Mandant sei unschuldig hinsichtlich dessen, was man ihm vorgeworfen habe. Der Fall sei durchsetzt von falschen und widerrufenen Aussagen und unterdrückten Beweismitteln.

01.02.2010

Taiwan: Justizministerin für Abschaffung der Todesstrafe

 

Die Justizministerin Taiwans setzt sich für die Abschaffung der Todesstrafe in Taiwan ein. Es sei durch internationale Daten belegt, dass die Höhe der Verbrechensrate nicht mit der Todesstrafe in Zusammenhang stünde. Allerdings will die Justizministerin die Abschaffung der Todesstrafe erst durchsetzen, wenn die öffentliche Meinung dieses Vorhaben mehrheitlich unterstützt. Zur Zeit ist die Mehrheit der Bevölkerung noch gegen den Verzicht auf die Todesstrafe. 44 zum Tod Verurteilte befinden sich in den Gefängnissen Taiwans.

 

Weitere Informationen:

The debate over death penalty in Taiwan

Nachrichten des Vormonats finden Sie im Archiv: Januar 2010